Wer glaubt, Uhrenmessen seien steif oder elitär, hat die Micro Praha noch nicht erlebt.
Seit 2023 organisieren Bhanu Chopra und Ondřej Vislocký dieses Festival, das jedes Jahr aufs Neue beweist, wie lebendig und vielfältig die Welt der Microbrands ist. Der Sinn dahinter ist so einfach wie einzigartig: Raum für Begegnung schaffen – zwischen Machern, Designern und den Menschen, die ihre Uhren tragen wollen. Auch dieses Jahr füllte sich die historische Fantova budova in Prag mit Besuchern und Ausstellern aus ganz Europa und Übersee; neugierigen Neueinsteigern und eingefleischten Sammlern.
Als wir in diesem Jahr erstmals selbst durch die historische Fantova budova in Prag schlenderten, wurde sofort spürbar, wie lebendig und vielfältig die Welt der Microbrand geworden ist. Zwischen internationalen Ausstellern, neugierigen Besuchergruppen und überraschenden Designideen entwickelte sich eine Atmosphäre, die mehr an ein Treffen Gleichgesinnter erinnert als an eine klassische Uhrenmesse. Genau diese Mischung aus persönlichem Austausch, spannenden Entdeckungen und echten Geschichten hat unseren Besuch geprägt – und darüber möchten wir im Folgenden berichten.
Zunächst ein paar Worte zum Ausstellungsort. Die „Fantova budova“ ist das historische Hauptgebäude des Prager Hauptbahnhofs, benannt nach seinem Architekten Josef Fanta. Es wurde zwischen 1901 und 1909 erbaut und ist die größte erhaltene Jugendstil-Denkmal in der Tschechischen Republik. Das Gebäude beherbergt u.a. das berühmte Foyer Café mit seiner majestätischen Kuppel.
In diesem Jahr ist es den beiden Organisatoren gelungen, insgesamt 80 Aussteller nach Prag einzuladen. Der Eintritt zu der an zwei Tagen am 28.11. und 29.11 stattfindenden Messe ist für die Besucher nach einer Online-Registrierung kostenfrei. Die Idee hinter der Messe ist in erster Näherung vergleichbar mit dem Pavillon auf der einstigen Baselworld, wo sich ebenfalls kleine, unabhängige Marken versammelt haben. Ein ähnliches Angebot unterbreitet auch die Watches & Wonders im Carré des Horlogers, wobei zum einen die Zielgruppen andere sind und Prag im Gegensatz zu Genf, oder früher Basel, hauptsächlich Marken anspricht, die im unteren und mittleren Preissegment positioniert sind. Eine zweite in Prag fest etablierte Uhrenmesse ist der SEW (Salon Exceptionel Watches), wo wiederum fast durchweg Luxusmarken im mittleren und oberen Preisbereich anzutreffen sind.
Konnten wir bereits beim Besuch des SEW im vergangenen Jahr feststellen, dass Tschechien eine umfassende und überaus interessierte Uhren-Community aufweist, so hat sich dieser Eindruck auf der Micro Praha weiter verfestigt. Allein die Tatsache, dass man in Tschechien – ein in der EU vergleichsweise kleines Land mit knapp 11 Mio. Einwohnern – auf zwei aufwendig gestaltete und vor Ort erstellte und herausgegebene Printmagazine („Watch It!“ und „WatchMagazine“) trifft, untermauert diesen Eindruck. Entsprechend war die Messe außerordentlich gut besucht. Auf der Ausstellungsfläche herrschte zuweilen großer Andrang.
Die Aussteller waren ein buntes Potpourri aus allen Herren Länder. Die meisten aus Europa, aber auch aus Übersee, wie z.B. Kalifornien oder Asien. Europa zeigte seine ganze Vielfalt, indem nicht nur bekannte Namen aus der Schweiz und Deutschland zugegen waren, sondern auch Aussteller aus Italien, Frankreich, Österreich, Polen, Tschechien und selbst Norwegen. Mit dabei waren Neugründungen bzw. Start-Ups genauso wie revitalisierte historische Namen. Nach 2 vollen Tagen umfangreicher Analysen und Gespräche greifen wir die aus unserer Sicht bemerkenswertesten Produkte und Begegnungen auf und betrachten diese näher.
Atlantic
Bei Atlantic, einer seit 1888 bestehenden Schweizer Marke aus Dort fiel uns die Worldmaster 135 auf.
Eine auf 135 Stück limitierte Edition mit dem traumhaft schön gearbeiteten Handaufzugs-Manufakturkaliber. ATL-3. Eine Uhr, die jedes Sammlerherz höher schlagen lässt.
Botta
Klaus Botta mit seinem Team ist seit 1986 der Macher hinter der Einzeigeruhr. Seine neue Kreation ist die „Your Time“ mit 24h Anzeige und farblicher Trennung in Tag- und Nacht-Zone. So erkennt der Träger oder die Trägerin auf einen Blick, wann es z.B. an der Zeit wäre, den Arbeitsplatz zu verlassen, um sich nach 18.00 Uhr um Familie und Privates zu kümmern.
Einzeiger-Uhren von Botta sind keine gewöhnlichen Zeitmesser, sondern verkörpern eine besondere Zeitphilosophie, die BOTTA-Uhren zu einer Alternative für designorientierte Individualisten macht.

DUG
Die Deutsche Uhrenmanufaktur Glashütte DUG – repräsentiert durch Toni Brodführer – ist der Senkrechtstarter des Jahres 2025. Mit tatkräftiger Unterstützung durch Laco, sowie Bruno Söhnle, gelang es, in kürzester Zeit etwas komplett Neues aus dem Boden zu stampfen. In den ehemaligen Räumen der Firma Hemess Zeitmesstechnik und später C.H. Wolf hat sich DUG in der Feldstraße in Glashütte eingerichtet.

Die erste Modelllinie namens Purist ist als elegante Dress-Watch gezeichnet. Im Inneren tickt ein Sellita SW-400, dessen Teilesatz überwiegend im nahegelegenen Altenberg bei der Gurofa GmbH gefertigt wird.

DUG ist der einzige Uhrenhersteller in Glashütte, der seine Uhren ausschließlich im Direktvertrieb vermarktet und in Anbetracht der gebotenen Qualität so extrem günstig anbieten kann.

Fine Watches Berlin
TeufelsBerg und HansaViertel, Urbane Erinnerungsorte, transformiert in moderne Zeitmesser.
Jede Uhr ist eine Geschichte in Farbe und Form, entworfen mit Blick auf Berlin.

So bewirbt Juwelier Liefer aus Berlin seine eigene Uhrenkollektion, die er unter dem Label FWB (Fine Watches Berlin) vertreibt.
Hanhart
Das 1882 gegründete Unternehmen kann mit Fug und Recht von sich behaupten der wohl bekannteste Hersteller von Stoppuhren zu sein. Diese Tradition führt das Unternehmen bis heute fort.

Neben den bekannten Kurzzeitmessern für Sportveranstaltungen hat Hanhart aber auch frühzeitig diese Kompetenzen in robuste Armbanduhren übertragen. Ein Klassiker ist der Flyback-Chronograph Ref. 417ES, heute ausgestattet mit dem Handaufzugskaliber AMT 5100M.
Heinrich Watches
Die noch junge Marke Heinrich Watches wurde 2021 von Wolfgang Heinrich in Stuttgart gegründet. Die Marke entwickelt ihre Designs dort und lässt die Uhren in kleinen Serien in Pforzheim fertigen. Heinrich konzentriert sich auf mechanische Uhren im markanten Retro-Stil der 70er und 80er Jahre, vor allem sportliche Taucheruhren und charakterstarke Sondermodelle.
Die Zielgruppe sind Individualisten und Sammler, die kein Mainstream-Design und keine Hommagen möchten, sondern eine eigenständige Uhr mit Wiedererkennungswert. Zu den wichtigsten USPs gehören der eigenständige Vintage-Look, die unabhängige Kleinserienfertigung, solide Schweizer Werke (z. B. Sellita), gute Verarbeitung sowie ein starkes Preis-Leistungs-Verhältnis.

Jakub Pitucha
Jakub Pitucha ist ein tschechischer Uhren-Enthusiast und Designer, der sich auf individuelle und handbemalte Zifferblätter spezialisiert hat. Unter dem Namen WristArt (ehemals auch unter dem Namen Jacob o’Clock bekannt) bietet er maßgeschneiderte Uhren und Custom-Dial-Arbeiten an — häufig basierend auf existierenden Uhrengehäusen oder Uhrwerken.
Sein Weg dahin war unkonventionell: Eigentlich studiert er Jura — entdeckte aber seine Leidenschaft für Kreativität und Uhrendesign. Nachdem er selbst Uhren zusammenstellte und mit dem Bemalen von Zifferblättern experimentierte, begann er, seine Ideen umzusetzen und sie Dritten anzubieten.

Laco

Laco feiert dieses Jahr sein 100-jähriges Bestehen. Heute fertigt Laco am Stammsitz in Pforzheim vor allem Piloten- und Marineuhren, dazu robuste Einsatzuhren, sportliche Chronographen und klassische Alltagsuhren.

Die Modelle verbinden sorgfältige Verarbeitung, funktionale Zuverlässigkeit und ein markantes, historisch geprägtes Design. Die Zielgruppe sind Uhrenliebhaber und Träger, die Wert auf Tradition, Funktionalität und Charakter legen.

Weiter geht es hier: Teil 2 – Besuch der Micro Praha 2025


















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