Unser Besuch auf der Time To Watches 2025 – eine Veranstaltung, die zeitgleich zur Watches & Wonders stattfindet, sich jedoch vornehmlich an die sog. Independents richtet, konzernunabhängige, oftmals familiengeführte Unternehmen, aber auch Start-Ups.
So hat sich die Messelandschaft für Uhren und Schmuck in den vergangenen Jahren grundlegend verändert. Die bis einschließlich 2019 alles überragende und integrierende „Baselworld“ ist seither Geschichte. Sie hat sich mehr oder weniger selbst abgeschafft, nachdem bereits zuvor große Aussteller wie die Swatch Group oder auch Breitling ihr den Rücken gekehrt haben. Das endgültige Aus hat dann die Corona-Pandemie mit sich gebracht.
Die einst fest im Griff des Richmont-Konzerns alljährlich in Genf stattfindende „SIHH“ hat sich in Watches & Wonders umbenannt und sich nach dem Desaster in Basel in kleinen Schritten für weitere Aussteller geöffnet. Von einer wirklich großen und das Marktgeschehen in repräsentativer Form abbildenden Messe kann aber nach wie vor nicht gesprochen werden. Viele große und berühmte Namen, wie Audemars Piguet, die gesamte Swatch Group mit ihren vielen berühmten und großartigen Marken oder auch die japanischen Anbieter Citizen und Casio sind außen vor.
Aber auch viele kleine konzernunabhängige Hersteller und Anbieter fühlen sich auf der Watches & Wonder entweder nicht willkommen oder werden durch hohe Standpreise abgeschreckt.
In diese Lücke sprang vor 4 Jahren erstmals die „Time To Watches“, eine Parallelveranstaltung, die zeitgleich zur Watches & Wonders in Genf stattfindet, sich jedoch vornehmlich an die sog. Independents richtet. In diesem Jahr, dem vierten ihres Bestehens, fand die kleine und feine Messe zudem nur einen Steinwurf vom Palexpo, also jenem Gelände statt, auf dem die Watches & Wonders alljährlich ausgerichtet wird.
Die Villa Sarasin, ein historisches Gebäude wurde im 19. Jahrhundert erbaut und gehörte ursprünglich der Familie Sarasin, einer prominenten Genfer Familie. Heute befindet sie sich im Besitz des Kantons Genf und wird als exklusiver Veranstaltungsort genutzt, insbesondere für Empfänge und Seminare. Über 70 Aussteller zeigten in diesem Jahr ihre Exponate den rund 9.500 Besuchern. Christian Wipfli, Gründer und Direktor von Time to Watches, sagt über die vierte Ausgabe von Time to Watches: „Zum ersten Mal bieten wir den Marken – und ihren Gästen – einen außergewöhnlichen Veranstaltungsort: ein historisches und elegantes Herrenhaus direkt neben dem Palexpo.
Aber auch im Stadtbereich von Genf finden in an der Uferpromenade liegenden Hotels weitere von der Watches & Wonders abgekoppelte Veranstaltungen und Ausstellungen statt. Die Hotels Beau Rivage, Four Seasons und L´Angleterre sowie am Place des Bergues haben zahlreiche weitere Firmen und der AHCI sich positioniert, um ihren Gästen im exklusiven Umfeld des Genfer Sees ihre neuesten Entwicklungen und Kreationen zu präsentieren.
Außer der Watches & Wonders, die von den großen Medienhäusern genügend bedacht wird, haben wir allen Veranstaltungsorten einen ausgiebigen Besuch abgestattet. Zuletzt waren wir dann noch im Vallée de Joux, dem berühmten Tal der Uhrmacher, zu einem Fotoshooting.
Betritt man am Morgen der Eröffnung als einer der ersten Gäste die Villa Sarasin, so bestätigt sich sogleich die schon im Vorfeld der Ausstellung festzustellende hervorragende Vorbereitung und Organisation.
Über insgesamt 4 Ebenen sowie in einem Nebengebäude (Annex) verteilt waren die Aussteller in repräsentativen Räumlichkeiten untergebracht. Wie zu erwarten kam der überwiegende Teil der Aussteller aus der Schweiz, einige aus dem unmittelbar benachbarten Frankreich, aber auch aus Österreich und Deutschland. Deutschland war vertreten durch Sinn Spezialuhren, Laco sowie Löbner und Rosenbusch, beide aus München und die Firma PointTec aus Ismaning bei München mit den Marken bauhaus, Zeppelin und Ruhla.
Allen unabhängigen Uhrenmarken gemeinsam ist ihr offener und unbeschwerter Umgang mit den Besuchern. Einige vertreiben ausschließlich online im Direktverkauf, andere mit Schwerpunkt über den Einzelhandel und wieder andere bedienen beide Vertriebskanäle. Insofern war sowohl der direkte Kontakt zum Endkunden als auch zu Vertriebspartnern ein wichtiger Baustein der Messeplanung, die Pforten für alle Besucher gleichermaßen über alle Messetage hinweg offen zu halten.
Das Spannende an der Time To Watches war – ganz anders als auf der Watches & Wonders – nicht nur Uhren im oberen und obersten Preissegment vorgestellt zu bekommen, sondern vom Einsteigermodell das für einen kleinen 3-stelligen Betrag den Besitzer wechselt bis hin zu herausragenden Kreationen, die einem den Atem gefrieren lassen und dafür gerne einen 6-stelligen Betrag einfordern.
Die im Schweizer Jura gelegene Firma Aerowatch ist immer wieder einen Besuch wert. Diesmal haben uns besonders die zahlreichen Taschenuhren in unterschiedlichen Aufmachungen und Ausführungen beeindruckt, die ein fester Bestandteil der Kollektion sind.
Aber auch bei Armbanduhren hat Aerowatch interessante Modelle zu sehr fairen Preisen im Programm. Sei es ein stilechter Regulateur mit ganz klassisch ausgeführten, durchgezogenen Hörnchen als Bandanstoß oder die moderne sternförmig skelettierte Dreizeigeruhr.



Die beiden in den 1930er Jahren gegründeten französischen Marken Airain und Lebois & Co. wurden vor gut 10 Jahren wiederbelebt und folgen mit den ihren historischen Vorbildern gewidmeten Modellen dem aktuellen Trend, alte französische Uhrenmarken wieder zurück ins Bewusstsein und zum Kunden zu bringen. Schließlich war die Region um Besancon einst das Zentrum der französischen Uhrmacherei.

Eine Begegnung der ganz besonderen Art war das herzliche Gespräch mit Antoine Preziuso, einem begnadeten Uhrmacher aus Genf. Mit über 40 Jahren Erfahrung in der Haute Horlogerie hat er sich einen Namen gemacht, insbesondere durch die Entwicklung des „Tourbillon of Tourbillons“, einer Uhr mit drei resonierenden Tourbillons, die auf einer rotierenden Platte angeordnet sind. Diese technische Meisterleistung wurde mit mehreren Preisen ausgezeichnet, darunter der „Public Prize“ und der „Innovation Watch Prize“ beim Grand Prix d’Horlogerie de Genève im Jahr 2015.

Preziuso ist bekannt für seine kreative Herangehensweise an das Uhrmacherhandwerk, wobei man häufig unkonventionelle Materialien und technische Lösungen bei seinen Schöpfungen vorfindet, so auch ein 3-fach Differential, welches den Kraftfluss der drei resonierenden Tourbillons verbindet. Seine Uhren zeichnen sich durch eine Kombination aus technischer Raffinesse und ästhetischer Eleganz aus, was sie bei Sammlern und Liebhabern weltweit begehrt macht.
Sein Sohn Florian ist ebenfalls Meisteruhrmacher und nimmt bei zahlreichen Entwicklungen – so auch beim einzigartigen 3-fach Differential – eine wichtige Rolle ein.

Die Marke Cime-Watches aus Torgon im Kanton Wallis, südlich des Genfer Sees gelegen, zieht mit handbemalten und im Emailleverfahren hergestellten Unikaten die Blicke auf sich.
Ein Aussteller der besonderen Art ist die noch vergleichsweise junge Marke CODE41, welche 2016 vom ehemaligen TAG Heuer Designchef Claudio d`Amore gegründet wurde. Die primäre Zielsetzung der Gründung war, einer Community von hauptsächlich jüngeren und/oder zumeist kritischen Uhrenliebhabern die volle Transparenz über Herkunft der verbauten Teile sowie der Preisgestaltung zu geben. CODE41 umschreibt dies mit der Bezeichnung TTO (Total Transparency on Origin). Waren es anfangs vergleichsweise einfach aufgebaute, aber sehr stylisch ausgeführte 3-Zeigeruhren, die wahlweise mit Miyota oder ETA-Uhrwerken versehen wurden, so deckt CODE41 mittlerweile ein weites Spektrum an Komplikationen und auch eigenen Manufakturkalibern ab, bis hin zur innovativen Tischuhr mit 8-Tage Werk..




Ein ebenfalls noch vergleichsweise junges und nicht minder erfolgreiches Schweizer Unternehmen ist Formex. Gestartet mit der technischen Extravaganz eines im Gehäuse federnd aufgehängten Uhrwerks und der Möglichkeit die Uhren individuell zu konfigurieren, bietet die Marke dem Kunden nach wie vor viel Gegenwert fürs Geld.



Auf der Suche nach außergewöhnlichen Uhrendesigns wurden wir u.a. bei der mittlerweile zur Festina Gruppe gehörenden Marke Mathey-Tissot fündig. Eine Uhr mit dem Zifferblatt in Form und Design eines Farbfernsehgerätes aus den 80er, bei dem nach Sendeschluss gegen Mitternacht das Testbild ausgestrahlt wurde.
Milus, eine 1919 in Biel gegründete Uhrenmarke in Privatbesitz ist hauptsächlich bekannt geworden durch das Modell Archimedes mit zwei Kronen und innenliegender drehbarer Lünette.

Nun präsentiert Milus als Remineszenz an jene Zeit als Milus amerikanische Piloten in den 1940er Jahren mit Uhren ausgestattet hat und diese ein Survival-Kit mit dazu bekamen ein Modell der Snow Star Serie, welches zusammen mit einem hochwertigen Schweizer Taschenmesser von Swiza in einem Set ausgeliefert wird.
Das Besondere an der Snow Star ist nicht nur das Gehäusematerial ein Edelstahl der Güte 904L, wie es sonst von Rolex verwendet wird und das Uhrwerk, ein 2892-A2, welches nach wie vor von ETA zugeliefert wird.
Schaefer and Companions ist ein Unternehmen aus der Schweiz, welches hauptsächlich damit wirbt, Zifferblätter von unterschiedlichen Künstlern gestalten und auch anfertigen zu lassen.
Last but not Least haben wir den aus China stammenden Aussteller Tsar Bomba besucht, der uns bereits in München auf der Inhorgenta begegnet war. Tsar Bomba fertigt nicht nur Gehäuse und Teilesätze für bekannte Uhrenmarken, sondern tritt nun verstärkt auch unter eigenem Markenlogo in Erscheinung. Interessant sind dabei neben innovativen Gehäusekonstruktionen auch die verwendeten Materialien sowie die Möglichkeiten der individuellen Anpassung über ein ausgeklügeltes Baukastensystem. Für die hauseigenen Modell werden überwiegend Uhrwerke aus dem Hause TMI-Seiko verwendet.
Im 2. Teil des Beitrages widmen wir uns den in Deutschland bzw. Österreich beheimateten Ausstellern der Time To Watches.
LINKS
- Beiträge zum Thema Veranstaltungen im Blog des DEUTSCHEN UHRENPORTALS
- Webseite der „Time to Watches“
- Beitrag: Besuch der Time To Watches 2025 – Teil 2
- Beitrag: Uhrenpräsentationen im Hotel Beau-Rivage am Genfer See
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