Inhorgenta 2024 – Teil 1

Die Inhorgenta 2024 stand ganz im Zeichen ihres 50-jährigen Bestehens. Im Rahmen der alljährlich stattfindenden Pressekonferenz gewährten die Vortragenden, unterstützt durch eine eindrucksvolle Fotodokumentation, Einblicke in die lange Historie der Messe bis hin zu ihren Anfängen.

INHORGENTA 2024: Stefan Rummel, Albert Ruppenthal, Stefanie Mändlein, Anja Heiden, Stephan Lindner

Bemerkenswert war, zu erfahren, dass die Messe zu Beginn der Jahrtausendwende ihre Blüte erlebte. Zu dieser Zeit waren noch zahlreiche renommierte Schweizer Marken und Aussteller der Uhrenszene – allen voran die Swatch Group – in München vertreten.

Leider war dieser Erfolg nicht von Dauer und die Messe erlebte einen dramatischen Ausstellerschwund. Erst in den Jahren vor der Corona-Pandemie unternahm die Messe München, mit neuem Personal und neuem Schwung, erhebliche Anstrengungen, die Fehler der Vergangenheit zu bereinigen.

Das gelingt in kleinen Schritten zusehends besser, was die Rückkehr einiger bekannter Marken bestätigt. Dennoch konnten bislang wirklich große Schweizer Marken nicht zu einer Wiederkehr motiviert werden. Dies wiegt umso schwerer, als die Schweiz durch den Verlust der Baselworld selbst ein gewaltiges Vakuum erzeugt hat. Weder die ausschließlich im oberen Premium-Bereich positionierte „Watches und Wonders“ (ehemals SIHH) in Genf, noch die, ebenfalls in Genf stattfindende Parallelveranstaltung, „Time to Watches“ können die Baselworld auch nur ansatzweise ersetzen. Diesen „Unterdruck“ könnte die Inhorgenta für die Rückführung zu alter Stärke noch intensiver nutzen.

Auch sollte sich die Messeleitung abermals die Frage stellen, ähnlich, wie es die Watches & Wonders mittlerweile mit Erfolgt pflegt – und zwar für Messegesellschaft und Aussteller gleichermaßen – gegen Ende der Veranstaltung, Publikumstage einzuführen.

Demgegenüber steht die Frage im Raum, welche internationale Bedeutung Messen in Europa noch haben? Sind Besucher aus Übersee – ob amerikanischer, asiatischer oder afrikanischer Kontinent – überhaupt noch willens, nach Europa zu reisen, oder dreht sich die Erwartung bereits zur Gänze um?

Sprich, jene Marken, die hauptsächlich außerhalb Europas und hierbei besonders in Übersee erfolgreich Geschäfte entwickeln und verkaufen wollen, sehen sich immer stärker in der Pflicht, vor Ort zu präsentieren und die Messelandschaft dort zu bedienen. Sei es in Shanghai, Hongkong, Singapur, in New York, Miami, oder San Francisco, um nur einige Lokationen zu nennen. Und künftig gesellen sich wohl auch noch Destinationen wie Bangkok, Neu Delhi, oder Kapstadt und ganz sicher Dubai dazu.

Dort befinden sich die aufstrebenden Märkte der Zukunft. Und genau dort wird das viele Geld verdient und umgesetzt. In Europa ist das bereits deutlich sicht- und spürbar immer weniger der Fall. Die Musik spielt bereits woanders.

Stefan Rummel und Nirav Bhansali

Die Messe München handelt insofern strategisch richtig und schließt im Schmuckbereich eine Kooperation und Partnerschaft mit Indien. Heute werden bereits 14 von 15 Diamanten weltweit in Indien bearbeitet und geschliffen. Aktuell arbeiten dort bereits rund 5 Mio. Menschen in der Schmuckindustrie. Das sind sehr beeindruckende Eckwerte, die aufzeigen, wie und wohin die Schwerpunkte sich verschieben.

Stefan Rummel (Chef der Messe München) und Nirav Bhansali bei der Unterzeichnung des Kooperationsvertrages

Nun waren wir sehr gespannt auf die ersten Eindrücke nach Betreten der Halle A1, in der sich einmal mehr der überwiegende Teil der Uhrenaussteller eingefunden hat. Denn, wie auch schon in den Jahren zuvor, gab es aber auch in den dem Schmuckbereich vorbehaltenen Hallen interessante Uhren zu entdecken.

Erfreulich frisch und freundlich präsentiert sich im Jubiläumsjahr die Halle A1. Überwiegend offene Stände und breite Gänge, die mit installierten Sitzmöbeln zum Verweilen einluden. Zusätzlich befinden sich einige Vitrinen, die die Historie der Inhorgenta mit wichtigen Meilensteinen und einigen Masterpieces nachzeichnen.

Leider konnte die Inhorgenta im Jubiläumsjahr nicht nur Zuwächse verbuchen, sondern musste auch Weggänge verkraften, wie z.B. die Schweizer Premium-Marke Frédérique Constant mit der Schwestermarke Alpina, die fortan nun auf der Watches & Wonders in Genf ausstellen und sich dort vermutlich eine größere Reichweite mit mehr Internationalität erhoffen.

Dennoch, die Halle A1 war gut gefüllt und arrangiert und konnte mit einigen Neuankömmlingen bzw. Marken punkten, die nach kurzer oder auch längerer Pause wieder mit dabei waren. Porsche Design, Ebel und die Movado Group (jedoch Halle A2), um die wichtigsten zu nennen.

Der bereits bekannte Swiss Pavillon wuchs um weitere Marken und auch der France Pavillon war wieder gut bestückt mit Ausstellern.

Also machen wir uns auf den Weg und verschaffen uns erste Eindrücke, um dann nach und nach jene Aussteller gezielt zu besuchen, welche die auffallendsten und interessantesten Neuigkeiten mitgebracht haben.

Um Präferenzen zu vermeiden, wählen wir für die Berichterstattung die alphabetische Reihenfolge.

Aerowatch

Das 1910 in La Chaux-de-Fonds gegründete familiengeführte Unternehmen befindet sich heute ca. 25 Kilometer nordöstlich davon in Saignelégier, nahe der Grenze zu Frankreich, im tiefsten Schweizer Jura. Aerowatch spricht mit seinem breiten Design- und Produktspektrum bei wettbewerbsfähigen Preisen eine breitgefächerte Kundenschicht an.

Die Modelle in Tonneauform der Serie „Streamline“ erinnern ein wenig an den Stil von Franck Muller

Deutlich mehr Eigenständigkeit verkörpert das Modell „Milan Sport Automatique“, dem – wie der Name schon sagt, ein gewisser italienischer Charme nicht abzusprechen ist. Die Milan ist zur exakten Anzeige der Zeit mit einem zuverlässigen Sellita SW 200 bestückt.

Ein absoluter Klassiker und gleichzeitig als Neuheit auf der Inhorgenta präsentiert, wurde der formschöne „Regulateur 1942“, ausgestattet mit einem Sellita SW266.

Neben vielen stationären Verkaufspunkten, ist Aerowatch jedoch auch direkt im Onlinehandel aktiv und begrüßt es, über diesen Verkaufskanal den direkten Kontakt zum Endkunden zu pflegen, der über diesen Kommunikationsweg ungefilterte Rückmeldungen garantiert.

Alexander Shorokhoff

Die Uhrenmanufaktur Alexander Shorokhoff mit Sitz im beschaulichen Alzenau hat einst den Slogan geprägt, „Art on the Wrist“. Und das gilt heute mehr denn je. Denn die Uhren, die Herr Shorokhov, zusammen mit seiner Tochter Inga, entwirft und dem Kunden anbietet, sind eigentlich keine Zeitmesser im klassischen Stil. Nein, es sind kleine Kunstwerke, die primär das Handgelenk zieren und so ganz nebenbei eben auch noch die Zeit anzeigen sollen. Die Kunst konzentriert sich auf die Gestaltung von Gehäuse und Zifferblatt, und schließt letztlich die Veredelung der Werke mit ein. Neben gängigen Kalibern aus der Großserienfertigung finden aber auch immer wieder alte, nicht mehr produzierte Raritäten den Weg in das ein oder andere limitierte Sondermodell.
Die Alexander Shorokhoff Uhrenmanufaktur übertraf sich einmal mehr in ihrer Kreativität.
Anlässlich des 50. Jubiläums de Inhorgenta wurde das Modell WinterGENTA entworfen.

 

Ein Eyecatcher schlechthin: Ein 39mm Gehäuse aus 925er Silber, aufwendig handgraviert, das Zifferblatt mit einem ungewöhnlichen Blätterdesigns und Diamantenstaub, welcher in einem innovativen Verfahren aufgetragen wurde.

Als Antrieb dient das Automatikwerk G100 vom Uhrwerksspezialisten La Joux-Perret aus La Chaux-de-Fonds mit einer Gangreserve von 68 Stunden. Der von Hand gravierte und veredelte Rotor des Automatikwerks harmoniert dabei perfekt mit der Gravur des Silbergehäuses.

Eine weitere Designinnovation der Uhrenmanufaktur ist das farbenfrohe Vollkalender-Modell namens “CADAMOMO”. Diese besondere Uhr liefert zusätzliche Informationen zu Datum, Wochentag, Monat und Mond. Als Uhrwerk kommt das Automatik-Kaliber DD9000 vom Spezialisten Dubois Depraz zum Einsatz.

Schon in Wien bewunderten wir das ebenfalls limitierte Modell „Home“. Dieser Zeitmesser entstand durch eine Zusammenarbeit von Inga Duffy-Shorokova und dem Uhren-Blogger Florian Bach (flomp89).
Das Modell „Home“ ist von den architektonischen Werken des bekannten Künstlers Friedensreich Hundertwasser inspiriert.
Das schwarze Gehäuse aus Edelstahl ist PVD beschichtet; mit seitlich eingelegter bunter Emaille in Orange, Blau und Gelb. Auf der Rückseite der Uhr finden sich vier bunte Glaseinsätze. Im Inneren tickt das Automatikkaliber ETA 2892.

Ein weiteres, wirklich liebreizendes Modell ist eine Damenuhr mit einer mittels 3D-Druck mittig im Zifferblatt applizierten Rose. Der ersten Assoziationen waren die „Lackbildchen“ aus den Poesiealben der 1980er Jahre.

 

Poljot International

Poljot International ist die preiswerte Sub- und Einstiegsmarke von Alexander Shorokhoff. Auch diese Uhren sind kleine Kunstwerke, wenngleich – um Kosten zu sparen – nicht so aufwendig gestaltet und zumeist mit Uhrwerken aus asiatischer Produktion ausgestattet, die aber absolut zuverlässig ihren Dienst verrichten.

Beispielhaft zeigen wir ein paar schöne Stücke z.B. mit dem skelettierten Handaufzugschronographenwerk Seagull ST19, welches konstruktiv auf dem legendären Venus 175 basiert.

Während der Quarzkrise als niemand mehr an mechanischen Uhren interessiert war, wurden die Werkzeuge und Fertigungseinrichtungen für dieses phantastische Uhrwerk nach China verkauft. Seagull hat die Produktion wieder aufgenommen, das Kaliber über die Jahre weiter verbessert und an die heutigen Fertigungsstandards angepasst.

Das Uhrwerk für diese Preziose stammt ebenfalls von Seagull und verfügt neben einer zweiten Zeitanzeige als zusätzliche Komplikation auch über eine Mondphase. Ein echter Eyecatcher.

 

Baillod

Die Firma Baillod macht zunächst durch das ungewöhnliche Firmenlogo und die Schreibweise des Namens BA111OD auf sich aufmerksam. Bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass nicht nur die Schreibweise ungewöhnlich ist, auch die Uhren selbst und der Vertriebskanal sind es.
Die Marke lebt nicht nur primär vom Direktverkauf über Social Media Plattformen und Weiterempfehlungen, auch die Uhren sind alles andere als Mainstream bis hin zur Preisgestaltung. Durch Verzicht auf jegliches Marketing und die Direktvermarktung, u.a. mit Unterstützung durch die wachsende Social Media Community, konnten die Verkaufspreise extrem abgesenkt werden. Das Konzept ist dem von CODE41 nicht unähnlich.

Uhren von Baillod beginnen als sportlich, robustes 3-Zeigermodell bei knapp über EUR 600.

Das extravagante Modell mit einer sog. hypozykloiden Zeitanzeige, das mit einem Soprod M100 Kaliber und aufgesetztem, exklusiv für Baillod gefertigten Funktionsmodul versehen ist, liegt bei EUR 3.500.

Die Spitze der Kollektion markiert ein Tourbillon, dessen Uhrwerk von dem renommierten Uhrmacher Olivier Mory in La Chaux-de-Fonds entwickelt und auch dort produziert wird. Die Gangautonomie beträgt beeindruckende 105 Stunden.

Der Preis liegt bei EUR 6.500; für ein Swiss Made Tourbillon schon fast ein Schnäppchen und ein Must Have.

 

Balticus

Balticus ist eine 2015 von Bartosz Knop gegründete, in Polen ansässige Uhrenmarke, die ihre Preziosen auch dort produziert. Balticus konnte sich in den letzten Jahren in Polen bereits fest etablieren und war in diesem Jahr erstmals auf der Inhorgenta vertreten, um vermehrt Kontakte zum deutschen Fachhandel zu knüpfen.

 

Taucheruhr aus der Moonfisch-Serie mit Automatikwerk 9015 von Miyota.

 

Taucheruhr mit Quarzwerk, bei dem das Innere des Gehäuses mit einem speziellen Öl gefüllt ist, um auch extrem hohen Drücken Stand zu halten.

Interessierte Kunden können die preislich interessant gestalteten und durchweg hochwertig ausgeführten Uhren jedoch auch problemlos über den Onlineshop bestellen. Außergewöhnlich gestaltete Zifferblätter geben den Uhren von Balticus eine besondere Note.

Seit kurzer Zeit kann man Uhren von Balticus nun auch bei Julian Kampmann (Poljot24.de) erwerben. Herr Kampmann  betreibt seit 1992 den online-Direktvertrieb Poljot24.de – dieser gilt als 1.Adresse für Freunde russischer Uhren. Herr Kampmann bietet aber auch die Marken Alexander Shorokhoff und Poljot International an.

 

Briston

Die am französischen Pavillon zu findende Marke Briston ist in Paris beheimatet und hat vorrangig Uhren im Portfolio, die durch außergewöhnliche Materialien und Gehäusekonstruktionen auffallen. Bemerkenswert ist die Verwendung von Acetat für Uhrengehäuse bzw. Elemente davon.

Die Clubmaster Diver Pro Acetat zum Preis von EUR 700.- hat eine Gehäuseeinfassung aus widerstandsfähigem Acetat, was ihr einen unverwechselbaren Charakter verleiht. Als Uhrwerk verbaut Briston bei diesem Modell das zuverlässige Seiko NH35.

Das Material Acetat ist bekannt für die Verwendung bei Brillengestellen, ist robust, sehr gut hautverträglich und kann in Farbe und Erscheinung fast beliebig gestaltet werden.

 

Casio

Der japanische Uhrenhersteller Casio zählt zu den festen Größen auf der Inhorgenta. Und in diesem Jahr feierte nicht nur die Inhorgenta ihr 50-jähriges Jubiläum, sondern auch Casio mit der „Casiotron“, jener Uhr mit Zeitanzeige über ein LCD-Display, welche das Gesicht der Marke bis in die heutige Zeit prägt und nichts von ihrer Popularität, gerade auch bei der jungen Käuferschicht, verloren hat.

Reger Betrieb auf dem Stand von Casio, wo auf der Inhorgenta das 50ste Jubiläum der Casiotron gefeiert wird.

Eine Original „Casiotron“ von 1974. Voll funktionsfähig, versteht sich. Die Casiotron war die weltweit erste Digitaluhr mit Kalenderfunktion.

In einer limitierten Neuauflage von nur 4.000 Stück hat Casio das Original akribisch nachgebildet; selbstverständlich unter Einsatz modernster Technologie.

Mit den weiteren sehr populären Marken „G-Shock“ und „Edifice“ hat sich Casio im deutschen Fachhandel einen festen Platz erobert.

Mit einigen gehobenen Modellen der G-Shock Baureihe stößt Casio mittlerweile auch weit in den 4-stelligen Preisbereich vor.

Neben den betont sportiven Outdoor-Modellen kann Casio aber auch klassisch elegant zu sehr wettbewerbsfähigen Preisen.

Selbst den Wunsch nach einem preiswert (<100 EUR) zu erstehenden rechteckigen Modell vermag Casio zu erfüllen.

 

Ebel

Nachdem Ebel eine Ausstellungspause auf der Inhorgenta eingelegt hatte, meldete sich die Marke in diesem Jahr mit einem großzügig angelegten Stand wieder zurück. Ebel hat in Deutschland eine feste. Fangemeinde, deren Geschmack die zeitlos elegant gestalteten Uhren hervorragend treffen.

Die formschön gestalteten Modelle 1911 aus der Ebel Sport Classic Serie treten diesen Beweis immer wieder aufs neue an.

ICE-Watch

Auch ICE-Watch, eine Marke, um die es zuletzt etwas ruhig geworden ist, meldet sich weithin sichtbar wieder zurück. Neben den bekannten Lifestyle Uhren und weiteren Accessoires, setzt ICE-Watch nun vermehrt auf elektronische Gadgets, wie Smartwatches oder smarte Ringe.

 

Im Bild der smarte Ring zum Preis von EUR 199.-, der via Bluetooth wichtige Gesundheitsdaten (wie die Zahl der zurückgelegten Schritte, Pulsfrequenz, Schlafüberwachung, Sauerstoffsättigung) an das Smartphone überträgt.

 

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